Samstag, 3. November 2012

Katalogophobie (1)


Das letzte Posting entstand, als ich den Quiéro-Katalog durchblätterte. Hab natürlich sofort damit aufgehört, weil ich ja schnell was über Adventskalender schreiben musste. Irgendwann hab ich ihn dann wieder zur Hand genommen… blöderweise … denn immer öfter stelle ich fest, dass die Illusion der harten Wahrheit weichen wird. Und dabei ist es egal, ob es der IKEA-Katalog ist oder der Deerberg-Versand. Das zalandoo-Prospekt oder der Quiéro. Es war schon damals so. Bei Jako-o und Baby-Walz. 


Der Jako-o Katalog war in den 90ern, als Mine auf die Welt kam, so etwas wie eine Bibel. Die Bilder dort zeigten nicht Produkte, die man kaufen konnte, sondern sie versprachen Lifestyle für ein Leben mit Kind. Wenn Du nun schon kein Yuppie-Leben mehr führen kannst, dann kauf wenigstens eine Matschhose mit Stil. Ich kaufte bei Jako-o. Gern und viel. In den Katalogen saßen die Kinder auf dem dort erhältlichen Riesenspielteppich und spielten friedlich miteinander ein HABA-Gesellschaftsspiel. Sie tranken manierlich aus bunten Bechern und im Hintergrund sah man zwei Elternpaare entspannt auf einem Sofa sitzen, welches nicht Schoko-, Milch- und Karottenflecken aufwies, so wie unseres damals. Lag wahrscheinlich daran, dass ich nicht rechtzeitig den richtigen umbaubaren Trip-Trapp gekauft hatte und auch nicht den orangefarbenen „mit-Ärmeln-Karotten-Latz“.


Meine Kinder und ihre kleinen Besucher spielten übrigens selten bestimmungsgemäß mit den Sachen. Zum Beispiel diese Steckperlen, die man nachher bügeln muss um alle Omas mit sternenförmigen Untersetzern zu beglücken, wurden auch immer mal wieder dazu benutzt, in der HABA-Holz-Küche Eintopf zu kochen. Der Eintopf wurde durchs Zimmer getragen um am Tisch in IKEA-Puppentellern serviert zu werden, Kind fiel über ein herumliegendes rotes Rody-Gummi-Hüpftier und mit ihm hunderte bunter Plastik-Röhrchen-Stückchen quer durchs Zimmer. Super! Um sie einfach aufzusaugen waren sie zu teuer. Um sie einfach aufzuheben waren sie zu klein. Und um sie zu ignorieren waren sie zu groß. Um sie gar nicht erst zu besitzen zu wollen waren sie zu interessant. Und um sie gar nicht erst zu kaufen war ich zu sehr moderne Mama. Das Spielchen endete gewöhnlicherweise damit, dass wir irgendwann versuchten, sie  mit einem Jako-o-Besen auf DIN A 4-Zettel zu schieben. Um sie dann wieder in den Topf der Holzküche … naja … Ihr wisst schon.


Die Regensachen von Jako-o sind echt super. Mir war ja auch klar, dass Kinder bei jedem Wetter an die Luft sollen. Aber ich war ja nun kein Kind mehr. Mir fielen wenig Gründe ein, warum ich bei 6,5 °C und Dauerregen länger als unbedingt nötig mit meinen Kindern durchs Dorf hätte laufen müssen. In  den Katalogen spazierten die Eltern mit Jack-Wolfskin oder The-North-Face-Allwetterjacken relaxed hinter den Kindern her und sahen zu, wie die Bälger gut gelaunt von einer Pfütze in die nächste sprangen. Wenn ich mich und meine Kinder von einem Regenspaziergang überzeugen konnte, dann nur unter Versprechungen von heisser Schokolade, Waffeln und Kirschen und Sahne. Mindestens. Und nur 20 Minuten. Höchstens! Jeder der Kinder hat, weiß was es heißt, eine 7-jährige und einen 2 1/2- jährigen wasserdicht zu verpacken. Der Kleine muss unter Garantie aufs Klo, sobald er in Hemdchen, Höschen, langer Unterhose, Shirt, Stiefelsocken, Matschträgerhose, Gummistiefeln, Regenjacke und Mütze an der Wohnungstür steht. Die Große geht nicht ohne ihren City-Roller aus dem Haus und lässt sich nur unter Androhung von harten Sanktionen davon überzeugen, dass die neue pinkfarbene Strickjacke keine gute Idee bei dieser Wetterlage ist. Der Vater der Kinder steht bereits im Regen und testet ungeduldig wartend die Dichtigkeit seiner neuen Trekkingschuhe. Ich selbst bin bereits patschnass geschwitzt, bis es überhaupt losgeht und ich bin mir nicht sicher, ob Kakao und Waffeln eine ausreichende Belohnung dafür sind, eine ganze Stunde lang, gedopt durch ein simples Werbeprospekt, Jako-o-Familie zu spielen.

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